Prenzlberg – Schmenzlberg

Manchmal liegt er noch in der Luft; besonders an so schwülen Sommertagen im Juli, wenn man um 23 Uhr noch mit T-Shirt und Flip Flops die Danziger Straße entlang flaniert. Dieser Duft nach Altbau und abgesessenen Couches, nach alten Steh- und Hängelampen und nach Dielenfußböden, die mal wieder abgeschliffen werden könnten und sowieso komplett vertanzt sind. Wenn man Augen und Ohren schließt, ist es fast wie früher. Wie vor vier Jahren, als ich die Stadt verließ, um das Fürchten zu lernen.

Vieles hat sich verändert und leider nicht alles zum Guten hin. Früher gab es noch Bars, eingerichtet mit Omas DDR Couch, weils billig war und Oma eine Schönere gefunden hatte. Heute haben „Szene-Läden“ die Gegend im Griff, die Omas Couch und Omas Lampe und auch die Nähmaschine inkl Nähtischchen und Nachttischlampe in allen Farben und Größen für teures Geld unter die Leute bringen. Die früher noch ruhigen und gemütlichen Clubs sind völlig überlaufen, haben geschlossen oder den Besitzer gewechselt und wenn man die Augen schließt, könnte man auch an jedem anderen Ort der Welt sein, aber nicht unbedingt in Deutschland.

Wie hats Gayle Tufts schon so schön gesagt: Wenn man am Kollwitzplatz steht und die Augen schließt, könnte man auch an einer Kreuzung in New Orleans stehen. Das Straßengemurmel wäre das Selbe. „The boat is full!“

In meiner Ecke hingegen, scheint die Zeit eher stehen geblieben zu sein. Mein neuer Friseur hat noch immer die selbe Einrichtung wie vor 40 Jahren. Nicht weil kein Geld da wäre – im Gegenteil, die Einrichtung war damals so gut durchdacht worden und die bisherige Kundschaft ist froh, dass es hier noch immer Vorwärtswaschbecken gibt. Na gut, das neue Nichtrauchergesetz greift auch hier und das Grelleck ist nun nicht mehr an der Grellstraße. Die 1 ist jetzt die M2 und fährt noch öfter und auch ganz anders, aber das sind Veränderungen mit denen ich leben kann. Wo es früher nur einen Netto und einen Kaiser in der Nähe gab, gibt es nun noch zusätzlich einen Plus und einen Rewe und einen Aldi … alles feine Sachen, die die Ecke noch lebenswerter machen.

Die Leute sind jedoch die gleichen geblieben. Wahrscheinlich sind wir hier zu weit weg vom „hippen Prenzlberg“. Und wenns nach mir geht ist das auch gut so.

übrigens:

unsere Wohnzimmermöbel haben wir dann doch noch gefunden und gekauft. Nicht für 500 Euro das Stück im trendigen 2nd Hand Laden in der Pappelallee, dafür aber beim Baur Versand – auch Made in Deutschland